Diese Edition enthält die lebensgeschichtlichen Erzählungen von 708 Sowjetbürgern, die unter der NS-Besatzungsherrschaft gelebt hatten und kurz nach dem Abzug der Deutschen und der mit ihnen verbündeten Achsenmächte von sowjetischen Historikern interviewt wurden. (Weitere 38 Zeitzeugen hinterließen den Historikern ihre Erinnerungen, und 5 ihre Tagebücher). Die Edition zeigt diese Dokumente in drei verschiedenen Formen:
Alle Dokumente enthalten eine deutsche und eine englische Kurzzusammenfassung (Abstract) und können mithilfe von deutschen und englischen Suchbegriffen erfasst werden.
Als Hilfestellung für die thematische Erschließung dieser Quellen haben die Projektmitarbeiter thematische Suchbegriffe geschaffen. Alphabetisch reichen diese von Arbeitsamt und Bestechung bis zu Vergewaltigung und Zwangsarbeit (siehe Abbildung).
Auch der jeweilige Ort des Interviews sowie der Beruf und die ethnische Zugehörigkeit des interviewten Zeitzeugen sind systematisch erfasst.
Alle Quellen dieser Edition eignen sich für die Erforschung des Holocaust und des Zweiten Weltkriegs im Schulunterricht оder im Hochschulseminar. Anhand der folgenden vier Interviews lässt sich veranschaulichen, wie mit den lebensgeschichtlichen Erzählungen der sowjetischen Überlebenden gearbeitet werden kann.
Maria Winokurowa aus Moskau, eine Krankenschwester in der Roten Armee, die nach ihrer Gefangennahme als Zwangsarbeiterin nach Berlin verschickt wurde, dort von der Gestapo verhaftet und gefoltert wurde und anschließend in das Konzentrationslager Ravensbrück verlegt wurde. Sie arbeitete bis zum Kriegsende in einer Rüstungsfabrik in Neubrandenburg und wurde dort im Juni 1945 interviewt.
Die Schlagwörter (Suchbegriffe) zu diesem Interview sind: Kriegsgefangene; Kriegsgefangenenlager; Zwangsarbeit in Deutschland; Gestapo; Gefängnis; Körperstrafe; Folterungen; Konzentrationslager; Konzentrationslager Ravensbrück
Der Suchbegriff Zwangsarbeit in Deutschland führt beispielsweise zu 10 weiteren Dokumenten; Gestapo ist in 24 Dokumenten enthalten, darunter 4 in deutscher Übersetzung; Körperstrafe wird in 5 Dokumenten thematisiert. Mithilfe dieser Suchbegriffe kann Maria Winokurowas Bericht auf unterschiedliche Weise kontextualisiert werden.
Das Interview mit Max Sankstein schildert den dramatischen Überlebenskampf eines Juden aus der belorussisch-polnischen Grenzstadt Brest, der, um unentdeckt zu bleiben, sich viele Wochen lang unter einem Bett liegend versteckt halten musste.
Die Schlagwörter (Suchbegriffe) zu diesem Interview sind: Besetzte Städte; Judenverfolgung; Judenvernichtung; Ghetto; Rettung von Juden.
Der Suchbegriff Besetzte Städte führt zu insgesamt 15 Dokumenten, Judenverfolgung zu 9 Dokumenten, Judenvernichtung zu 10 Dokumenten und Ghetto zu 36 Dokumenten. Die Rettung von Juden wird neben dem Gespräch mit Sankstein in einem weiteren Interview thematisiert.
Sofia Nerijawskaja arbeitete unter der deutschen Besatzungsherrschaft als Ärztin in Stalino (Donezk). Sie erzählt von den Opfern deutscher Gewalttäter, die zu ihr in die Klinik kamen, von deutschen Bordellen, von der Verbreitung von Geschlechtskrankheiten in der Stadt und von den Zuständen in Kriegsgefangenenlagern.
Die Schlagwörter (Suchbegriffe) zu diesem Interview sind: Besetzte Städte, Rekrutierung nach Deutschland, Körperstrafe, Medizin, Kriegsgefangene, Judenvernichtung, Verfolgung von Kommunisten, Vergewaltigung, Beziehungen zwischen Männer und Frauen
Der Suchbegriff Beziehungen zwischen Männer und Frauen führt zu drei weiteren Interviews in deutscher Übersetzung, in denen das Verhältnis der deutschen (und rumänischen) Besatzer zu den einheimischen Frauen ausführlich geschildert wird. Die Verfolgung von Kommunisten wird in 9 weiteren Interviews thematisiert.
Maria Lapkowskaja, eine Kolchosbäuerin aus der belorussischen Region Witebsk, die während der deutschen Besatzungsherrschaft als von Partisanen „verseucht“ galt. Lapkowskaja erfuhr die extreme Gewalt der Deutschen am eigenen Leibe, sie wurde von ihren Kindern getrennt und in die Todeslager von Majdanek und Ravensbrück gebacht. Sie arbeitete wie Maria Winokurowa bis zum Kriegsende in einer Rüstungsfabrik in Neubrandenburg und wurde dort im Juni 1945 interviewt.
Die Schlagwörter (Suchbegriffe) zu diesem Interview sind: Besetzte Dörfer, Kolchose, Verbrennen, Kriegsgefangene, Konzentrationslager, Partisanen, Kinder im Krieg
Der Suchbegriff Partisanen führt zu 85 Dokumenten, darunter 8 in deutscher Übersetzung. Kinder im Krieg führt zu 6 deutschsprachigen Dokumenten; Kolchose ergibt 18 Treffer, darunter zwei in deutscher Übersetzung.
Jenseits dieser Suchbegriffe können die Interviews auch auf andere Art erschlossen werden. Beispielsweise können die Interviews von Dorfbewohnern mit jenen von Stadtbewohnern verglichen werden; oder das Schicksal von Ukrainern dem von Russen
Solche Suchen ergeben, wie entscheidend für das Schicksal eines jeweiligen Menschen die Frage war, welche Gefahr er für die Besatzungsmacht darstellte: Juden drohte der sofortige Tod; das gleiche galt für viele Kommunisten und für jeden, der mit sowjetischen Partisanen in Verbindung gebracht wurde. Ethnische Unterscheidungen der Besatzer - die Frage also, ob jemand als Russe oder als Ukrainer oder Belorusse galt – waren für die örtlichen Bewohner auch oft folgenschwer.
Die Arbeit mit den Interviews zeigt auch auf, wie sich die Lebensbedingungen von Menschen, die in den besetzten sowjetischen Gebieten arbeiteten von jenen unterschieden, die zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschickt wurden.
Wer Kenntnisse aus anderen von den Nationalsozialisten beherrschten Ländern mitbringt, mag auch erforschen, wie vergleichbar die Erzählungen von sowjetischen Überlebenden mit den Erfahrungen von Einheimischen und deportierten Zwangsarbeitern aus anderen europäischen Ländern waren. Was lässt sich über den Widerstand bzw. die Widerständigkeit gegenüber der Besatzungsherrschaft sagen? Waren sie in allen besetzten Gebieten ähnlich oder gibt es prinzipielle Unterschiede? Inwieweit korrelierten die Zugehörigkeit zur kommunistischen Partei oder zu kommunistischem Ideengut mit der Bereitschaft zum Widerstand?
This edition contains the life stories of 708 Soviet citizens who lived under Nazi occupation and were interviewed by Soviet historians shortly after the withdrawal of the Germans and their Axis allies. (A further 38 witnesses left their memoirs to the historians, and 5 provided their diaries). The edition shows these documents in three different forms:
All interviews contain a German and an English abstract and can be searched using German and English search terms.
To help users in their work across the documents, the project team has created thematic search terms. Alphabetically, these range from agriculture and arrest to rape and trading (see screenshot).
The location of the respective interview as well as the profession and ethnicity of the interviewee are also systematically recorded.
All of the documents are suitable for researching the Holocaust and the Second World War in the highschool or college classroom. The following four interviews illustrate how to work with the life stories of Soviet survivors using the search parameters that are provided.
Maria Vinokurova from Moscow, a nurse in the Red Army, who following her capture was deported as a forced laborer to Berlin. She was arrested and tortured by the Gestapo and then transferred to the Ravensbrück concentration camp. She worked in an armaments factory in Neubrandenburg until the end of the war and was interviewed there in June 1945.
Search topics for this interview are: POWs = prisoners of war; POW camp = prisoners of war camp; forced labor in Germany; Gestapo; prison; corporal punishment; torture; concentration camp; Ravensbrück concentration camp
The search term forced labor in Germany leads to 11 further documents; Gestapo appars in 24 documents, including 4 in German translation; corporal punishment is mentioned in 18 documents. The use of these search terms allows researchers to contextualize the interview with Maria Vinokurova in different ways.
Max Sankshtein’s story describes the dramatic struggle for survival of a Jew from the Belorussian-Polish border town of Brest, who had to hide under a bed for many weeks to elude capture.
Search topics for this interview are: urban occupation; persecution of Jews; annihilation of Jews; ghetto; rescue of Jews.
The search term urban occupation leads to 15 documents, persecution of Jews to 36 documents, and ghetto to 36 documents. The rescue of Jews is discussed in 5 other interviews.
Sofia Neriiavskaia worked as a doctor in Stalino (Donetsk) under German occupation. She tells of the victims of German sexual predators who visited her clinic, of German brothels, of the spread of venereal diseases in the city, and of the conditions in prisoner-of-war camps.
Search topics for this interview are: urban occupation, labor recruitment to Germany, corporal punishment, medicine, POWs = prisoners of war, annihilation of Jews, persecution of communists, rape, gender relations
The search term gender relations leads to 5 further interviews in English, in which the relationship between German (and Romanian) occupiers and local women is described in detail.
The persecution of communists is discussed in 15 further interviews.
Maria Lapkovskaia, a collective farmer from the Belarussian region of Vitebsk, which the Germans considered to be “infested” by partisans. Lapkovskaya experienced the extreme violence of the Germans first hand: she was forcibly separated from her children and taken to the death camps of Majdanek and Ravensbrück. Like Maria Vinokurova, she worked in an armaments factory in Neubrandenburg until the end of the war and was interviewed there in June 1945.
Search topics for this interview are: rural occupation, kolkhoz , burning, POWs = prisoners of war, concentration camp, partisans, children at war
The search term partisans leads to 75 documents, including 13 in English translation; kolkhoz results in 4 English translations.
Beyond these search terms, the interviews can also be explored in other ways. For example, the interviews of villagers can be compared with those of city dwellers; or the fate of Ukrainians be contrasted with that of Russians.
Such searches reveal how the fate of a given person was determined by the degree of danger s/he posed for the occupying power: Jews faced immediate death; the same was true for many Communists and for anyone associated with Soviet partisans. Ethnic distinctions made by the occupants – e.g. the question of whether they considered someone Russian, Ukrainian or Belorussian – also often had serious consequences for local inhabitants.
The work with the interviews also shows how the living conditions of people who worked in the occupied Soviet territories differed from those who were sent to Germany for forced labor.
Those with knowledge from other countries under Nazi rule may also want to explore how the stories of Soviet survivors compare with the experiences of people from other European countries. Were patterns of resistance or defiance uniform in all occupied territories or were there substantial differences? To what extent did membership in the communist party or adherence to communist ideals correlate with the willingness to resist?
Все без исключения интервью содержат краткое резюме (аннотацию) на русском, немецком и английском языках. Имеется опция поиска с использованием ключевых слов на русском, немецком и английском языках.
Чтобы облегчить тематическое исследование представленных здесь источников, сотрудники проекта отобрали ключевые слова для тематических запросов. Список ключевых слов, расположенных в алфавитном порядке, содержит самые разные понятия - от биржа труда и взяточничество до изнасилования и принудительный труд (см. ниже).
Кроме того, поиск можно проводить по месту проведения интервью, году рождения, гендерной, профессиональной и этнической принадлежности очевидца.
Все источники настоящего издания подходят для изучения Холокоста и Второй мировой войны в рамках школьного и высшего образования. Следующие четыре интервью иллюстрируют, как можно работать с историями жизни людей, переживших Вторую мировую войну на территории СССР.
Мария Винокурова из Москвы. Медсестра Красной Армии, которую после пленения отправили в Берлин на принудительные работы, где она была арестована и подвергнута пыткам в гестапо, а затем переведена в концентрационный лагерь Равенсбрюк. До конца войны она работала на оружейном заводе в Нойбранденбурге и дала там интервью в июне 1945 года.
Ключевые слова для поисковых запросов:
военнопленные; лагеря для военнопленных; принудительный труд в Германии; Гестапо; Тюрьма; избиения; пытка; концентрационные лагеря; Концентрационный лагерь Равенсбрюк
Поисковый запрос принудительный труд в Германии приводит к 50 дополнительным документам; Гестапо содержится в 71 документах, в том числе в 4 в переводе на немецкий язык; избиения рассматриваются в 152 документах. Используя эти поисковые запросы, отчет Марии Винокуровой можно контекстуализировать по-разному.
В рассказе Макса Санкштейна описывается драматическая борьба за выживание еврея из белорусско-польского приграничного города Бреста, которому пришлось много недель прятаться под кроватью, чтобы остаться незамеченным.
Ключевые слова для поисковых запросов: оккупация города; преследование евреев; уничтожение евреев; Гетто; спасение евреев.
Поисковый запрос оккупация города приводит к 115 документам, преследование евреев — к 109 документам и Гетто — к 62 документам. Помимо разговора с Санкштейном, «спасение евреев» обсуждается и в другом интервью.
Софья Нериявская работала врачом в городе Сталино (Донецке) во время немецкой оккупации. Она рассказывает о жертвах немецких жестоких преступников, пришедших в ее клинику, о немецких публичных домах, о распространении в городе венерических заболеваний и об условиях жизни в лагерях для военнопленных.
Ключевые слова для поисковых запросов: оккупация города; вербовка в Германию; избиения, медицина, военнопленные, уничтожение евреев, преследование коммунистов, изнасилования, гендерные отношения.
Поисковый запрос гендерные отношения приводит к еще трем интервью на немецком языке, в которых подробно описываются отношения между немецкими (и румынскими) оккупантами и местными женщинами. преследование коммунистов обсуждается еще в трех интервью на немецком языке.
Мария Лапковская, колхозница из Витебской области Белорусской ССР, которую немецкие власти посчитали пособницей партизан во время немецкой оккупации. Лапковская на собственном опыте испытала крайнее насилие со стороны немцев; ее разлучили с детьми и отправили в лагеря смерти в Майданеке и Равенсбрюке. Как и Мария Винокурова, она до конца войны работала на оружейном заводе в Нойбранденбурге и дала там интервью в июне 1945 года.
Ключевые слова для поисковых запросов: оккупация села, колхозы, сожжение, военнопленные, концлагеря, партизаны, дети на войне.
Поисковый запрос партизаны приводит к 183 документам, в том числе к 8 в переводе на немецкий язык. дети на войне ведут к 6 документам на немецком языке; колхозы позволяют просмотреть 44 документов, в том числе 2 в немецком переводе.
Помимо поисковых запросов, интервью можно изучать другими способами. Так, рассказы сельских жителей можно сравнить с рассказами горожан; или сравнить судьбы украинцев и русских.
Изучение различных аспектов интервью показывает, насколько решающим для судьбы конкретного человека был вопрос о том, как к нему относились оккупационные власти: евреям угрожала немедленная смерть; то же самое касалось многих коммунистов и всех, кто был связан с советскими партизанами. Этнические различия, проводимые оккупантами, то есть вопрос о том, кого считать русским, украинцем или белорусом, часто имели серьезные последствия для местных жителей.
Работа с интервью также показывает, насколько отличались условия жизни людей, проживавших на оккупированных советских территориях, от тех, кто был отправлен в Германию на принудительные работы.
Те, кто знаком с историей других стран, находившихся под властью нацистов, также могут узнать, насколько истории выживших советских людей сопоставимы с опытом местных жителей и депортированных принудительных рабочих из других европейских стран. Что можно сказать о стратегиях сопротивления оккупационному режиму? Были ли они одинаковыми на всех оккупированных территориях или есть принципиальные различия? В какой степени членство в коммунистической партии или коммунистические идеи коррелируют с готовностью к сопротивлению?