Alex(ander III.) an den
Erzbischof (Joscius) von Tours und den
Bischof (Étienne) von Autun:
Magister Steph(anus) und
Milo Catal(aunensis), Boten
H(einrichs), des Erzbischofs von Reims, seien mit dessen Brief (Deperditum) vor ihm erschienen und hätten ihn gebeten, die Exkommunikationssentenz, die der Erzbischof über
Heinrich, den Grafen (von Troyes), für dessen Exzesse verhängt habe, zu bestätigen.
Jean Sauveloup und
Magister Melior, die den Grafen vertreten hätten, hätten beteuert, die Sentenz dürfe nicht aufrecht erhalten werden, da sie nach des Grafen Appellation an den apostolischen Stuhl verhängt worden sei. Die Boten des Erzbischofs hätten dies zwar bestätigt, aber hinzugefügt, der Graf habe durch Verstoß gegen die Appellation danach seine prévôts und seine Miliz in Ländereien der
Kirche von Reims eindringen, eine dem Erzbischof unterstehende Kirche nach Tötung und Gefangennahme von Leuten niederbrennen lassen und, entgegen der Bitte und Ermahnung des Erzbischofs, Gefangene nicht freigeben wollen, sondern sie gezwungen, sich freizukaufen. Dagegen hätten die Boten des Grafen eingewandt, dies sei ohne dessen Wissen und Billigung geschehen, und in Abrede gestellt, dass man wegen der Gefangenen angegangen worden sei. Nicht die Leute des Grafen seien in das Gebiet des Erzbischofs eingedrungen, sondern die prévôts und Miliz des Erzbischofs in das Gebiet des Grafen; daraufhin seien ihnen die Leute des Grafen entgegengezogen und hätten sie in die Flucht geschlagen, wobei einige den Tod gefunden hätten, andere gefangen genommen worden seien. Obwohl nun vor dem Papst verschiedene Aussagen zur selben Sache gemacht worden seien, habe gleichwohl keine der Parteien sie auf ihren Eid nehmen können. Da aufgrund der Aussagen beider Parteien nur zwei Dinge festgestanden hätten, nämlich dass man an den Papst appelliert habe und dass der Graf vom Erzbischof erst nach der Appellation exkommuniziert worden sei, habe er, der Papst, die Sentenz entsprechend der Bitte des Erzbischofs nicht bestätigen oder für gültig erklären können und dürfen, obgleich er ihm nach Können entgegenkomme, wenn er nicht zuvor Gewissheit über das von Boten des Erzbischofs Berichtete haben könne. Um keiner der Parteien wegen Rechtsverweigerung Anlass zu neuer Klage zu geben, sollten sie innerhalb von 40 Tagen nach Erhalt zusammenkommen. Stelle sich heraus, dass die prévôts und die Miliz auf Befehl oder mit Wissen des Grafen nach der Appellation, aber vor der Exkommunikation in das Gebiet des Erzbischofs unter Verübung von Unrecht eingedrungen seien, oder, dass der Graf, obwohl vom Erzbischof ersucht, Gefangene nicht freigeben oder darüber Rechenschaft geben wolle, sollten sie die über den Grafen verhängte Sentenz, falls die Streitgegner nicht in der Zwischenzeit, was er lieber wünsche, sich freundschaftlich geeinigt hätten, unter Ausschaltung einer Appellation bestätigen und befehlen, sie zu beachten. Die Brandstifter, welche die Kirche angezündet, sollten sie bis zur Leistung angemessener Genugtuung öffentlich exkommunizieren. Anderenfalls dürfe die Sentenz keine Gültigkeit haben, da eine nach erfolgter Appellation verhängte Sentenz ohne Wirkung sei, wenn nicht erwiesen sei, dass die Tat, derentwegen die Exkommunikation verhängt werden müsse, später begangen worden sei. Ungeachtet dessen sollten sie bei der Frage nach dem Bau von Befestigungen, falls sie ein
mandatum L(udwigs), des Königs von Frankreich, dazu erhielten, die Auffassung des Papstes nachdrücklich vertreten. Sie sollten sich bemühen, den Streitfall möglichst durch Vergleich oder durch Urteil zu beenden. Was ihnen zu einer Exkommunikation befohlen worden sei, gelte auch für eine Verhängung des Interdikts.
— Cum dilecti filii nostri magister Steph(anus). gpo.pages.regest.sachkommentar
Zum Datum
Falkenstein, Pontificalis maturitas, S. 57. Der ungenannte Bischof von Autun kann nur Étienne de Bourgogne gewesen sein (
Gallia christ. 4, Sp. 396E–397A). Der Streit betraf die kriegerischen Auseinandersetzungen des Erzbischofs mit dem Grafen von Troyes infolge der neu errichteten Festung von Sept-Saulx, vgl.
Falkenstein, Pontificalis maturitas, S. 56–62. Magister Melior aus Pisa, der als Prozessvertreter des Grafen Heinrich von Troyes hier erscheint, wurde Archidiakon in Laon und bald nach dem Amtsantritt Erzbischof Wilhelms 1176 in Reims dort kirchlicher
vicedominus (in der Urkunde des Grafen Manasses von Rethel von 1176 Sept. 16 wird er als Magister Melior Pisanus nach seinem Vorgänger Hylduinus
vicedominus unter den Zeugen erwähnt, siehe
Saige/Lacaille/Labande, Trésor des chartes du comté de Rethel I, S. 15–17, Nr. 8, hier S. 16–17). Er war neben Erzbischof Wilhelm und Abt Simon von Saint-Remi einer der drei Schiedsrichter im Konflikt um das Begräbnisrecht zwischen der Abtei Saint-Vincent und dem Domkapitel in Laon 1183 (Urkunde des Abtes Hugo von Saint-Vincent,
Paris, BNF, Picardie 283,
Nr. 9;
Saint-Denis, L’historien et la cathédrale, S. 199, Anm. 92), ehe er als Kämmerer der römischen Kirche (seit 1184) im März 1185 Kardinalpriester von Santi Giovanni e Paolo wurde;
Maleczek, Papst und Kardinalskolleg, S. 81–83.